MINT TANK-Stories: Johanna Rathke über den Einfluss der Ernährung auf Körper und Psyche und ihre eigene Zukunft mit MINT

Johanna Rathke aus Bremen hat einen 1. Platz beim Dr. Hans Riegel-Fachpreis im Bereich der Biologie gewonnen. Ihr Facharbeitsthema „Inwiefern beeinflusst die Ernährung den Körper und die Psyche und welche Aspekte beeinflussen das Essverhalten?" ist eine allgegenwärtige Frage in unserem Leben. Deshalb hat sich Johanna die komplex verknüpften Regelkreise, die durch die Nahrungsaufnahme in unserem Körper reguliert werden und das von ihnen induzierte Feedback, welches rückkoppelnd auf unsere Essgewohnheiten wirkt, erschlossen. Im Wechselspiel liefern sie die Erkenntnis vieler biochemischer Prozesse, die gemeinsam unsere Physis und Psyche beeinflussen und gerade in Bezug auf Hunger und Gesundheit weltweit noch viel Optimierung ermöglichen. Eine wirklich erstaunliche Leistung! Grund genug, uns einmal ausführlicher mit Johanna zu unterhalten.

Johanna Rathke MINT TANK

 

Womit hast Du Dich in Deiner Facharbeit auseinandergesetzt?

In meiner Facharbeit habe ich mich mit dem ubiquitär sehr präsenten Thema Ernährung auseinandergesetzt. Genauer habe ich mich mit der Fragestellung „Inwiefern beeinflusst die Ernährung den Körper und die Psyche und welche Aspekte beeinflussen das Essverhalten?" beschäftigt und im Rahmen meiner Arbeit die komplexen interaktiven Verknüpfungen von Reaktionswegen im Körper, deren Ingangsetzung durch die Nahrungsaufnahme induziert wird, aufgedeckt und illustriert. Als Resultat meiner Auseinandersetzung mit diesen Interaktionen offenbarten sich mir komplex verschaltete Regelkreise im Körper, deren einzelne Komponenten durch die Aufnahme verschiedener Nahrungsbestandteile stimuliert werden und über Signaltransduktion verschiedenste Wirkungen im Körper entfalten. Mein Hauptaugenmerk lag dabei auf dem Gastrointestinaltrakt, dem sympathischen und parasympathischen Nervensystem, dem Gehirn und natürlich dem Blutkreislauf. Im Laufe meiner Nachforschungen war ich zudem zunehmend gezwungen, in die tieferen chemischen Grundlagen der Strukturen von Nahrung und Körper einzusteigen, um mir emergente Eigenschaften auf einer anderen Komplexitätsebene zu erschließen. Es hat mich nicht wirklich überrascht, jedoch sehr erfreut, schöne logische Verknüpfungen ausfindig machen zu können, die perfekt in mein bisheriges Gesamtbild der Biologie passen.

 

Wie bist Du auf die Dr. Hans Riegel-Fachpreise aufmerksam geworden?

Aufmerksam geworden auf den Wettbewerb bin ich durch meine sehr engagierte Biolehrerin, die gleichzeitig auch meine Tutorin ist. Jedoch kannte ich den Wettbewerb an sich schon von befreundeten Preisträgern der letzten Jahre.

 

Was bedeutet die Auszeichnung für Dich?

Die Auszeichnung hat mich persönlich einen Schritt in Richtung Studienfachwahl geführt und mir den Weg ins MINT TANK-Netzwerk eröffnet, von dem ich mir einen kompetenten Austausch und neue Verbindungen erhoffe. Diese Hoffnungen haben sich bereits im Rahmen des digitalen MINT TANK-Einstiegs letzten Dezember bestätigt. Es bedeutet mir viel, zu sehen, dass die Arbeit, in die ich viele Nächte und viel Freizeit gesteckt habe, auch das Jurorenteam an der Uni überzeugen konnte. Das ist definitiv nochmal etwas anderes, als eine gute Note in der Schule!

 

Was würdest Du Schülerinnen und Schülern raten, die ihre Arbeit bei den Dr. Hans Riegel-Fachpreisen einreichen möchten?

Ich kann nur sagen, traut euch die Bewerbung abzuschicken und zweifelt nicht teilzunehmen, da ihr die anderen oftmals überschätzt oder euch selbst unterschätzt und man aus jeder Teilnahme mindestens tolle Erfahrungen mitnehmen kann und eventuell sogar großartige Erfolge.

 

Weißt Du schon, was Du nach dem Abitur machen möchtest bzw. studierst Du vielleicht bereits?

Nach dem Abitur möchte ich auf jeden Fall eine Naturwissenschaft studieren, wobei ich noch zwischen Mathematik und Molekularbiologe und Biochemie schwanke. Ein Mathematikfrühstudium habe ich bereits aus Interesse angefangen und dort bereits einige wertvolle Erfahrungen und neues Fachwissen gesammelt. Und obwohl ich die abstrakte Theorie wunderschön und faszinierend finde, komme ich einfach nicht von der Biologie weg, was mein Entscheidungsdilemma offenlässt.

 

Falls du in den MINT-Bereich gehen willst: Warum der Bereich MINT? Welche persönlichen Interessen und Chancen siehst Du darin bzw. was spricht Deiner Meinung nach für eine Tätigkeit im MINT Bereich?

Am liebsten möchte ich nach meinem Studium in die Forschung einsteigen, da sie für mich den größten Mehrwert hat und ich dort meine Kreativität und meine Interessen ausleben kann. Ich sehe in den Naturwissenschaften zudem den langfristigsten Nutzen. Man muss sich nur die aktuellsten Probleme, wie den Klimawandel oder die Pandemie vor Augen führen, um zu sehen, wie wichtig naturwissenschaftliche Aufklärung, Wissenschaftskommunikation, Forschung und das Verständnis ist.

 

In welchem Feld möchtest Du zukünftig tätig sein?

In der Forschung interessieren mich aktuell am stärksten die Molekulargenetik rund um CRISPR/Cas9 und die Grundlagenforschungen in der Bioinformatik zum Thema: akkurate Proteinfaltung in polynomialer Zeit vorhersagen und dabei den Arbeitsaufwand minimieren. Zudem finde ich in der Mathematik die Forschung zu Verknüpfungen zwischen der Algebra, der Zahlentheorie und der Topologie sehr interessant. Deshalb würde ich später gerne in eine dieser oder eine verwandte Forschungsrichtung einsteigen. Mich würde aber auch etwas reizen, was Mathematik und Biologie in gewissem Maße vereint.

 

Welche Tipps würdest Du Schülerinnen und Schülern mit auf den Weg geben?

Sucht euch bei Projektarbeiten in der Schule Themen aus, die euch wirklich interessieren! Dann fällt es euch auch viel leichter, sich zu motivieren, daran zu arbeiten und tiefer in das Thema einzusteigen. Zudem kann ich euch ans Herz legen, auch bei anderen Wettbewerben, wie der Mathematik- oder der Biologie Olympiade mitzumachen, da man auch bei diesen Teilnahmen immer neue Erfahrungen sammelt und tolle Leute kennenlernt und natürlich sein Wissen erweitert.

 

Mit welchen Vorurteilen rund um MINT würdest Du gerne aufräumen?

Vorurteile, die ich an dieser Stelle gerne aufräumen möchte sind, MINT sei nichts für Mädchen und Biologie sei langweilig. Ich kann nur sagen: Nein! Ich zum Beispiel bin weiblich und Naturwissenschaften sind sehr wohl etwas für mich. Ich kenne viele, denen es ebenfalls so geht. Die Biologie ist sehr interessant und kann sehr komplex sein. Lasst euch nichts einreden, manche Leute können die Dinge einfach nicht nachvollziehen und das sollte sich auf keinen Fall negativ auf eure Interessen auswirken.

 

Braucht man Deiner Ansicht nach auch für MINT Kreativität?

Auf jeden Fall! Jedes Gebiet, das mit Forschung verbunden ist, braucht Kreativität, um Fortschritt zu erlangen.  Man sollte „um die Ecke denken“ können, um sich über die Grenzen einzelner Bereiche hinwegzusetzen und dabei kann Kreativität nicht schaden, um neue Verknüpfungen zu erkennen.

 

Ist das, was Du in der Schule und Uni gelernt hast, relevant für Deine aktuelle/zukünftige Tätigkeit?

Ich denke schon. Auch, wenn es einem manchmal sinnlos und wie Zeitverschwendung vorkommt, so findet man doch immer wieder Anwendungen für in der Schule Erlerntes – sei es der fachliche, aber auch der soziale Aspekt. Erfahrungen und neuen Input nimmt man einfach immer und überall mit!